Mittwoch, 1. Mai 2013

Verzettelt



Oder: füllen Sie das anliegende Formular aus und schicken Sie es zurück

Wir schreiben das Jahr 2013. Nicht 1897. Auch nicht 1963. Oder so. Das muss ich mir immer gewaltsam ins Gedächtnis rufen, wenn ich es wieder einmal mit meinen ganz besonderen Freunden zu tun bekommen.
Den Planstellenbesetzer (und –vermehrern) in öffentlichen Verwaltungen und der Wirtschaft.
Ein Soziologe namens Parkinson hat 1955 festgestellt, dass die Zeit in Bürokratien anders läuft als im Rest der Welt. Eine Arbeit in einer Verwaltung dauert nicht so lange, bis sie erledigt ist. Sondern sie dehnt sich in alle Richtungen aus bis sie das Zeitfenster, das für sie zur Verfügung gestellt wird, bis zum Platzen füllt.
Weiterhin hat der kluge Herr Parkinson festgestellt, dass ab einer bestimmten Größe eine Verwaltung gar keinen (Unternehmens)Zweck mehr benötigt, da sie mehr als hinreichend damit beschäftigt ist, sich selbst zu organisieren. Und dazu das Personal kontinuierlich aufzustockt, ohne das „Kerngeschäft“ auch nur zu tangieren. Denn nichts soll einen Verwalter stören, schon gar nicht produktive Tätigkeit.
Das war 1955, wohlgemerkt. Also lange, lange, bevor es im großen Stil nutzbare Computer gab.

Die kamen dann Anfang der 80er Jahre des vergangenen Jahrhunderts auf. Die Idee vom papierfreien Büro geisterte durch die Wolkenkratzer und erschreckte Menschen auf Planstellen. Aber die sind findig. Sie bemerkten sehr schnell die Vorteile der neuen Technik. Man konnte Dokumente nun nicht mehr nur mit einem Durchschlag schreiben. Man konnte sie in beliebiger Zahl ausdrucken! Was man auch tat.
Das Monster Bürokratie fraß weiter und mehrte sich personell und verschickte Papier, Papier, Papier.

Dann kam das Internet und es drohten ganz neue Möglichkeiten. 
Alles konnte auf einmal schnell gehen, ohne einen Postlauf von mehreren Tagen hin und zurück einzukalkulieren und Verluste auf dem Versandweg. 
Formulare mussten nicht mehr hin- und hergeschickt werden, sondern konnten zum Download bereitsgestellt werden. Die Bearbeitungszeit eines Vorgangs lief auf einmal Gefahr zur Realzeit zu gerinnen.
Schrecklich. Grauenhaft. Unvorstellbar.
Doch die Kaste der Kreativbürokraten wusste auch hier Abhilfe.

Formular: Ja.
Download: Ja.
Versand: bitte einscannen und als PDF oder per Fax oder auf dem Postweg verschicken.
Ausfüllen des Formulars: von Hand. Bitte mit schwarzem Füller oder Kugelschreiber.

Ja. 
Genau. 
In einer Zeit, in der selbst das Bürokratieerfindungsministerium (Finanzamt) die Menschen nötigt, einen Internetanschluss zu besitzen und Steuererklärungen mit lustigen Vogelnamen versehen (hm, Elstern sind doch diebische Tiere? Passt also schon…) auf elektronischem Weg abzugeben, grassiert der mittelalterliche Wahnsinn.
Ich habe in den letzten zwei Wochen nicht weniger als 7 (in Worten sieben) Formulare von Banken, Versicherungen, Autoherstellern und Energieversorgern entweder per Post oder per Mail oder per Download erhalten, die ich VON HAND ausfüllen soll.

Nein, nicht am Monitor mit der Tastatur in dafür vorgesehene Felder. 
Das ist NICHT MÖGLICH und NICHT VORGESEHEN. 
Ich soll das Ding ausdrucken, mit dem Stift beschreiben, irgendwie wieder in meine Maschine stopfen und dann verschicken.
Per Anhang als Mail.
Per Fax.
Oder halt per Post.

Das Standardtextverarbeitungsprogramm WORD bietet die Möglichkeit, am Rechner ausfüllbare Formulare zu erzeugen, genauso wie Acrobat. Sogar sehr einfach und komfortabel.

So man es denn WILL und KANN.

Aber die Kaste der Bürokraten verbringt ganz offensichtlich wenigstens die Hälfte ihrer Arbeitszeit damit, angestrengt alles zu unternehmen, eben NICHT zu arbeiten, sondern völlig überflüssige Tätigkeitsschritte innerhalb eines Prozesses mit einem Maximum an Aufwand nicht zu gehen sondern zu trippeln. An zwei Krücken.
Ich bin dazu übergegangen, diese Ansinnen abzulehnen. 
Ich teile jeweils in einem kurzen Schreiben knapp ALLE Informationen die abgefragt werden mit.
Mehr nicht. 
Ich habe mir einen schönen Textbaustein geschrieben, den ich immer wieder verwenden kann, in dem ich darauf hinweise, dass im 21. Jahrhundert die Technik so weit fortgeschritten ist, dann man auf das handschriftliche Ausfüllen von Forumlaren verzichten kann. Wenn jemand auf der anderen Seite des Tisches der Ansicht ist, irgendwer müsse dies tun, dann darf er gerne Buchstaben in Kästchen malen und das Ganze dann noch einmal an der Tastatur abtippen.
In SEINER Arbeitszeit.
Nicht in MEINER.
Mit freundlichen Grüßen.
Und schau an, es ist mir gelungen, in diesem Beitrag weder die Sparkassenversicherung noch VAG Leasing oder die DEVK auch nur zu erwähnen…




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