Sonntag, 13. Oktober 2013

Abschied von Rosa

Ist das wirklich wahr? Zwanzig Jahre ist das jetzt schon her? Man wird alt...
Es war also einmal in grauer Vorzeit, da erreichte mich über den Agenten, den ich seinerzeit noch hatte, der Hilferuf eines Produzenten. Er hätte da ein Problem. Ein sehr großes. Ein Drehbuch zu einer neuen Krimireihe - und nichts würde wirklich funktionieren. Selbstredend war alles schon geplant und der Drehstart stand fest. In ein paar Wochen. Aber nun bräuchte man Hilfe. Ganz dringend Hilfe.
Ich sagte zu, nahm mir das Buch vor. Ich verbrachte die folgenden zwei Wochen zwischen Lerchenberg und Büro. In flotter Folge gab es neue Fassungen von mir und unmittelbar darauf Besprechungen und sofort, nach Möglichkeit über Nacht, neue Fassungen. Und im Anschluss wieder sehr ermüdende Besprechungen, bei denen der eine oder andere Beteiligte wie in "Shutter Island" in dem Moment, in dem ein Resultat da war und man sich endlich verbindlich auf einen Entschluss geeinigt hatte, auf den Reset-Knopf drückte - und wieder ganz von vorne anfing. Im Prinzip war es die immer wiederkehrende Frage, wieso zum Teufel denn in dem perfekten Kreis, den man bestellt hatte, keine Ecken vorhanden wären? Oder was zum Geier Leber-, Blutwurst und Wellfleisch auf der Schlachtplatte zu suchen hätten?
Doch Rosa Roth war trotz aller Widrigkeiten ein Projekt, bei dem ich mit dem Herz dabei war und in das ich sehr viel hineingesteckt habe. Manche Dialoge aus dem Buch sind am Ende zu familieninternen Klassikern geworden, wie die lapidare Replik des russischen Gangsterbosses, als der Verräter ihn erstaunt fragt, seit wann ER sich auf die Polizei verlasse: 
"Kann jedem mal passieren."
Die Arbeit war trotzdem nervenzerfetzend und auslaugend. Aber es gelang mir am Ende dann doch, ein Buch zustande zu bringen und der Regisseur setzte es in brillante, stimmungsvolle Bilder um.
Rosa Roth - In Liebe und Tod - ist heute noch einer der ganz wenigen Filme, auf die ich stolz bin.
Es sollte aber meine einzige Folge für Rosa Roth bleiben. Nachdem der Mohr seine Schuldigkeit getan hatte, interessierte sich niemand mehr für Zusagen, auch nicht für schriftliche. Die Vereinbarung, mindestens noch die beiden nächsten Folgen zu verfassen, wurden kurzerhand in ein Vorschlagsrecht ohne irgendwelche Verpflichtungen umgedeutet, immer neue und andere Leute tauchten im Rahmen der Produktion auf und hatten immer neue und andere Ideen und nur eines gemeinsam: Von mir wollten sie alle nichts wissen.
Nachdem dann auch noch irgendwann sogar der Produzent ausgetauscht wurde, hatte ich überhaupt keine Verbindung mehr zu dem Format und seinen Machern. Ich habe später dann selbst nie wieder versucht, vielleicht noch einmal den einen oder anderen Fall beizusteuern.
Nun hat sie also ihren letzten Fall gelöst, die Dunkelhaarige im hellen Mantel, dessen makellose Sauberkeit zum Running Gag der Produktionen werden sollte.
Es war für mich damals nicht der erhoffte Aufstieg zu den "Großen" der Zunft, denen man die Entwicklung bedeutender Formate anvertrauen würde. Ganz gleich, wie gut und schnell ich gearbeitet hatte, man respektierte mich deswegen noch lange nicht. Dazu war ich zu renitent, wohnte nicht in der richtigen großen Stadt und kannte nicht die richtigen Leute intim genug. 
Unabhängig davon gehört Rosa Roth zu meinen eigenen Lieblingswerken.
Denn ab und zu (leider viel zu selten), geschieht es sogar in diesem Business, dass am Ende ein Film herauskommt, der dem entspricht, was der Autor sich beim Schreiben gedacht hat.
Kann jedem mal passieren...