Sonntag, 21. Dezember 2014

"Heiter bis tödlich stirbt" - zu spät!



Der gemeine Fernsehzuschauer ist zum einen ein Gewohnheitstier, zum anderen nicht ganz so dämlich, wie viele glauben. Wenn er das Gerät einschaltet, dann recht oft, weil er etwas Bestimmtes sehen will.
Es ist daher sinnvoll, in Ankündigungen klar zu sagen, was den Konsumenten erwartet.
"19:00 Uhr: Fernsehprogramm" würde nicht ganz ausreichen. Auch: "19:00 Fernsehprogramm, zum Lachen, haha!" wird keine Quotenrekorde garantieren. Schon gar nicht, wenn es jeden Tag zur selben Zeit in der Programmvorschau steht.
Genau das hat die ARD versucht. Seit Jahren gibt es nun täglich Krimi lustig. Weil Leute Krimi lustig sehen wollen, ganz gleich, was ihnen dann präsentiert wird. Dachten und sagten die Allgewaltigen und setzten sich durch. Gegen jeden Rat, gegen jede Erkenntnis und mit einem Reihentitel, den 20jährige heute googeln müssen („Heiter, hm… Ist das die Wettervorhersage?“), zog man ins Feld, den mausetoten Vorabend zu revolutionieren.
Die Produzenten waren verzweifelt, die Redakteure waren verzweifelt, die Autoren und Regisseure waren verzweifelt. Aber die Programmgewaltigen waren von ihrer Genialität überzeugt. Sie waren es auch dann noch, als das Konzept so epochal floppte wie alles, das das deutsche Fernsehen jemals im Reihenbereich versucht hat.
Dann waren es eben die Serien, die Schrott waren – dabei waren/sind diese genauso, wie es sich die Vorrentner an den Schaltstellen gewünscht hatten. Steinzeitlich. Der brachiale Didi-Hallvervorden-Palimpalim-Humor, bei dem unglaublich lustig sein sollende Leute unglaublich lustig sein sollende Situationen vom Blatt lesen/lasen drückt/e die Sehbeteiligung der propagierten Zielgruppe unter den Messbereich. Jung, frech und frisch sollte das Programm sein, doch was herauskam war/ist verstaubt, gequält, humorkastriert und vorvorgestrig.
Nun ist es soweit. Jahre später soll der unsägliche Ober(lehrer)titel endlich verschwinden. Die Pressestellen haben nun die Pflicht, die intendantische Totgeburt posthum schönzureden und faseln vom Etablieren einer Marke und erreichten Zielen.
Klar, Porsche nennt sein Produkt in Zukunft nur noch „Auto“, weil jeder Porsche jetzt kennt…
„Heiter bis tödlich“ wird also endlich begraben. Tot ist es ja schon lange.

Mittwoch, 10. Dezember 2014

Das Alptraumschiff



Man liest, die „Deutschland sei pleite und ich kann nicht sagen, dass mich die Nachricht übermäßig traurig macht, obwohl ich mit diesem Schiff einige Erinnerungen verbinde.
Ich bin zweimal auf Einladung des Traumschiff-Produzenten mitgefahren, einmal in Asien und einmal den Amazonas runter und über den Atlantik. Es waren für mich interessante und schöne Reisen, auf denen ich einige Drehbücher geschrieben habe. Mir gefiel die Atmosphäre an Bord, das Zusammenleben mit dem Produktionsteam, das Essen sowieso und die relativ ungefährliche Art, fremde Länder zu sehen. Wir hatten unseren Spaß, freundeten uns besonders mit einem Barpianisten und dem Kapitän an und es war einfach eine gute Zeit.
Jahre später dachte ich, es sei eine tolle Idee, auf dem Schiff eine Nordlandreise nach Island und Grönland in drei Generationen zu unternehmen. Ich fuhr mit meinem Vater und meinem Ältesten  und alles war ganz anderes. Vor allem fürchterlich. Ich hatte einen massiven Denkfehler in meinen Planungen. Die vorangegangenen Reisen hatte ich nämlich nicht als „Passagier“ gemacht. Wir waren als Filmteam zwar auf dem Schiff gewesen, aber wir waren eine eigene, kleine Gesellschaft, die mit den anderen Reisenden kaum Berührungspunkte hatte.
Doch nun waren wir als Vollzahler unterwegs und realisierten, dass wir einen Exotenstatus hatten. Mein Sohn war mit seinen 14 mit Abstand der Jüngste der Passagiere und der Altersschnitt lag bei geschätzten 75. Unser Ozeanpianist war von irgendwelchen drittklassigen Sportfesthammondorgelalleinunterhaltern ersetzt worden, die nicht mal den richtigen Text von „Countryroads“ kannten, das sie allabendlich jaulten und unser Kapitän war inzwischen gefeuert, weil er gegen das Ausflaggen des Schiffs protestiert hatte. Unterhaltungs“künstler“, die man in München nicht in der Fußgängerzone geduldet hätte, machten „Programm“ und die Häfen die angelaufen wurden, waren nicht nach Sehenswürdigkeiten ausgesucht, sondern nach dem Preis der Liegeplätze.
Schnell zurück, es gibt Essen!
Den Passagieren machte das nichts aus, da sie sich sowieso in allererster Linie für eines interessierten: Acht warme Mahlzeiten am Tag, von denen keine verpasst werden durfte.
Kurz: Es war die Hölle auf der Welle. Denn es kam noch dazu, dass immer wieder mehrere Seetage eingeschoben wurden, auf denen das Schiff erbärmlich schaukelte. Die Bunker waren auf der Rückfahrt leer, das Essen wurde immer schlechter und unter den Insassen des Schwimmenden Altersheims hatten sich genügend Feindschaften gebildet, um für die Unterhaltung der verbiesterten und futterneidischen (!) Mitreisenden zu sorgen. Neben der nächsten Mahlzeit war das das Hauptthema jeder Unterhaltung an den Tischen. Wie furchtbar der oder die oder das sei und wer was gesagt oder nicht gesagt hat. Und was die anderen alles essen und wieviel.Und dabei habe ich Reservierungs-Decken auf den Deckchairs noch gar nicht erwähnt.
Insgesamt war es eine der übelsten und gleichzeitig teuerste Reisen meines Lebens. Selten bin ich mir so deplatziert und abgezockt vorgekommen, wie auf dieser Nordlandfahrt. 
Die Reederei wurde nicht müde, mir immer wieder die neuesten Prospekte zu schicken, die ungelesen im Altpapier landeten. Wenigstens davon dürfte ich in Zukunft verschont bleiben.
Dieses „Traumschiff“ werde ich ganz sicher nicht vermissen.

Dienstag, 21. Januar 2014

Die Motorwelt - ein POD

Vor ewigen Zeiten fuhr ich im Prinzip alles was Räder hatte. Als persönlichen, freudigen, horizontalen Personentransportierer. Es durfte nicht mehr als 1000,-- Mark kosten und hatte dem entsprechend die Angewohnheit, zu den ungünstigen Zeiten an den ungünstigsten Orten die Bewegung zu verweigern.
Obwohl schrauberisch nicht vollkommen talentfrei, überstieg die eine oder andere Panne meine Fähigkeiten der Improvisation und ich trat Deutschlands größtem Verein bei, dessen Dienste ich dann ziemlich regelmäßig in Anspruch nahm. Glücklich war, wer in Fußweite einen orangenen Telefonkasten fand. Zu Zeiten der Brieftaube war an eine mobile Kommunikation jenseits des gerufenen Wortes nämlich noch nicht zu denken.
Seitdem diesem meinem Vereinsbeitritt erreicht mich monatlich ein Druckwerk, dessen Inhalt zu wenigstens 50% aus Werbung für ADAC Reise, ADAC-Versicherungen, ADAC-Mitgliedschaften, ADAC-Schleuderkursen, ADAC-Freundschaftswerbungen usw besteht.
Ein weiterer, nicht unerheblicher Teil der Seiten wird dazu verwendet, mich über das breite Angebot an Treppenliften, Behindertentoiletten sowie Elektrorollstühlen mit und ohne und mitohne Dach und Türen und Anhänger zu informieren.
Wenn man es genau betrachtet, ist es doch eigenlich bedenklich, dass diese Fachindustrie mit Begeisterung und Hartnäckigkeit ausgerechnet in einem Organ wirbt, dessen Leserschaft sich auf Automobilisten rekrutieren soll. Irgendwann knallst auch Du vor die Wand. Oder wie?
Für meine Bildung sollte ich auch etwas tun, verrät allmonatlich die Umschlagrückseite. Man muss nur ankreuzen, was das Ziel sein soll. Schriftsteller gibt es spannenderweise auch als "Lehrberuf". Es ist immer wieder verlockend.
Und dann, aber erst dann, ist da noch der "redaktionelle Teil"...
Anfangs habe ich die "Tests" immer mal wenigstens überflogen, bis sehr schnell klar wurde, dass diese Zeitschrift sich noch viel mehr als 5. Kolonne der heimischen Automobilindustrie versteht  als Auto Mercedes und Sport. Deutsch: guuuuuut. Nichtarisch: schleeeeeecht!
Nach wenigen Jahren blätterte ich das Buntpapier nur noch durch.
Heute fliegt die Motorwelt diekt ins Altpapier, sobald ich sie aus dem Postfach hole. Abbestellen lässt sie sich ja nicht. Man ist sozusagen als Mitglied zwangsverpflichtet, die auflagenstärkste und gleichzeitig inhaltsfreieste Automobilzeitschrift Deutschlands zu erhalten.
Ich habe eine kleine, nicht repräsentative Umfrage unter Freunden und Bekannten gemacht, werde aber darob keine Engel verleihen. Nicht einmal blecherne.
Doch das Ergebnis ist frappierend.
97,3% der Teilnehmer meines Wettbewerbs halten es genau so wie ich.
Sie werfen das Blatt gleich weg.
Damit ist die Motorwelt tendenziell ein POD wie vielleicht noch die IHK-Nachrichten.
Ein Print Only Document.
Es geht nur darum, dass es gedruckt wird.
Ob es irgendjemand liest, spielt absolut keine Rolle.
Man könnte die Motorwelt auch mit Lorem ipsum füllen - und keiner würde es merken.
Lustig ist es schon, dass es jemand fertiggebracht hat, sich auf Basis eines solchen Blindtextimperiums eine gottgleiche Stellung in der Welt des Automobils zu verschaffen.
Oder wenigstens eine solche zu behaupten.
Armer Journalismus.